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36 Jahre Konkret CD

36 Jahre Konkret CD


Heft 10 2006

von konkret

   Nun, da nicht nur die "Kurze Geschichte der Demokratie" des italienischen Historikers Luciano Canfora erschienen ist, sondern auch seine ausführliche Antwort an jene Kritiker des Buches, die die Entscheidung des Verlags C. H. Beck, es nicht zu veröffentlichen, begrüßt hatten, ohne es zu kennen ("Das Auge des Zeus. Deutsche Geschichtsschreibung zwischen Dummheit und Demagogie". konkret texte 43) - nun hüllt sich das deutsche Feuilleton, sieht man von "Welt" (Ablehnung) und "ND" (Zustimmung) ab, in Schweigen. Zu den löblichen Ausnahmen gehört das Internetforum Literaturkritik.de, aus dessen Besprechung der beiden Bücher wir hier einen Abschnitt zum Auge des Zeus zitieren:

"Überzeugend verteidigt Canfora seine Positionen zum Ausgang des Ersten Weltkriegs und zum Scheitern der demokratischen Revolution 1918/19. Aber auch die Vorwürfe des Verlags (C. H. Beck), er habe die demokratischen Fortschritte im Deutschland der Adenauer-Zeit nicht gewürdigt, kontert er souverän. Tatsächlich spielt das Grundgesetz in seiner Diskussion der europäischen Verfassungen nach 1945 eine Rolle (wenn auch nicht so zentral, wie eine eingeschränkte deutsche Perspektive es vielleicht gerne hätte). Auch ist schwer zu leugnen, daß die Fünfziger-Jahre wieder Nazis in Führungspositionen und Kommunisten im Gefängnis sahen. Versteht man unter Demokratie nicht die Freiheit des Markts, gehören die Adenauer-Jahre zu den undemokratischsten der jüngeren deutschen Geschichte.

Aber es geht in dieser Diskussion auch weniger um den einen oder anderen Fakt als um die ideologische Wertung ... Geschichte heute soll die bestehende Ordnung legitimieren und muß darum die demokratischen Verlierer als Verbrecher oder aber als tragisch Scheiternde zeigen. Letzteres ist etwa Rosa Luxemburg zugebilligt, nämlich weil sich ihr Satz von der Freiheit als Freiheit der Andersdenkenden gegen Kommunisten wenden läßt ...

Daß um so schlimmer ist, daß die Sowjetunion scheiterte, weil sie eine vielleicht einzigartige Möglichkeit zur Demokratie darstellte, will einfach nicht in den Kopf der Gegner Canforas. Statt dessen beklagen sie, daß in dieser "kurzen Geschichte der Demokratie" zu oft von Stalin und Trotzki - statt von ihren eigenen Favoriten - die Rede sei und daß liberale Errungenschaften nicht genügend gelobt würden. So beschwert sich (C. H.-Beck-Cheflektor) Felken in der August-Ausgabe der Zeitschrift KONKRET in seiner Erwiderung auf Canforas Verteidigung, dieser vernachlässige für die Adenauer-Zeit soziale Marktwirtschaft, Gewerkschaften, demokratische Erneuerung der Parteien und Wirtschaftswunder.

Doch "erneuern" sich die Parteien in dieser Zeit, indem eine linke Alternative durch Programmreform (das Bad Godesberg der SPD) oder einfach Verbot (KPD) liquidiert wird ... (Demokratie ist) für Canfora etwas anderes, als alle paar Jahre eine Stimme abzugeben, sich für eine Meinungsäußerung nicht gleich hinter Gittern wiederzufinden und im übrigen vom wirtschaftlichen Gewinn einen Anteil zu bekommen, der nach einer wie auch immer entstandenen öffentlichen Meinung irgendwie als gerecht gilt."

Luciano Canforas "Das Auge des Zeus" kann für 10 Euro (+ Porto) beim Verlag bestellt werden.

   Günter Amendts für dieses Heft angekündigte ausführliche Exegese von Bob Dylans' neuestem Werk mußte auf den November verschoben werden. Ungeduldige können als Bonustrack auf der KONKRET-Homepage (www.konkret-verlage.de/kvv) ab sofort Amendts exklusive Anmerkungen zum Dylan-Kongreß und zu neuen Veröffentlichungen zum Thema nachlesen. Amendt erklärt darin, warum die Dylanologie, wenn sie denn eine Wissenschaft wäre, eine ironische Wissenschaft sein müßte.

   "Kühle Sprachanalyse und emphatische Hymnen - linksaußen geht beides", urteilte die "Stuttgarter Zeitung" über den Auftritt der "zwei Monumente der Linksliteratur" Horst Tomayer und Hermann L. Gremliza am 6. September in Schorndorf. Das Gemischte Doppel aus der "bayrischen Endreimnaturgewalt" und dem "fein bösen Linksaußen-Guru" ("Schorndorfer Nachrichten") steht weiterhin für Lesungen zur Verfügung. Interessierte Veranstalter wenden sich bitte an den Verlag.

Weitere KONKRET-Autorinnen und -Autoren on the road: Am 4. Oktober um 20 Uhr im Zielona Gora, Grünberger Str. 73, Berlin, hält Nadja Rakowitz, Medizinsoziologin und Autorin der KONKRET-Titelgeschichte (S. 12 ff.), einen Vortrag zum Übergang von der Kassen- zur Klassenmedizin: "Weil du arm bist, mußt du früher sterben" (www.interkomm.tk). Layla Dawson alias Layla Shah liest am 12. Oktober um 20 Uhr im Hamburger Polittbüro (Steindamm 45) aus ihrem Roman "brit and brown", der in LITERATUR KONKRET 2006 vorgestellt wird (S. 24). Tjark Kunstreich referiert am 16. Oktober um 20 Uhr im Hundertmeister, Duisburg, Dellplatz 16 a, zum Thema "Michel Foucault und der Iran" (Eintritt frei). Georg Fülberth liest am 24. Oktober um 19 Uhr im Bürgerbüro Hüseyin Aydin, Mülheimer Str. 57, Duisburg, aus seinem Buch "G Strich. Kleine Geschichte des Kapitalismus". Dietrich Kuhlbrodt stellt zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober um 19 Uhr im Nato (Karl-Liebknecht-Str. 48), Leipzig, sein neues Buch "Deutsches Filmwunder. Nazis immer besser" vor.

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36