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36 Jahre Konkret CD

36 Jahre Konkret CD


Heft 08 2009

von konkret

   O tempora ...

Zeiten sind das, in denen die Vorstände der Pressekonzerne Neid ergreifen muß auf KONKRET. Während bei "Spiegel", "Stern" und "Focus" die Werbekunden rudelweise wegbleiben und die Leser sich verkrümeln (40.000 Abgänge waren's allein im letzten Quartal beim "Spiegel", 33.000 beim "Stern" und 45.000 beim "Focus"), wächst die kleine linksradikale Minderheit von KONKRET-Lesern. Und wer nicht anzeigenabhängig ist, kann am Entzug nicht sterben. Das ganze Desaster der Branche und des Wirtschaftssystems hat jetzt der Chefredakteur des "Stern" unfreiwillig enthüllt:

"Der ‚Stern' hat laut Allensbacher Markt- und Werbeanalyse 2009 deutlich an Reichweite gewonnen. Die Zahl der Leser nahm um 465.000 auf 7,87 Millionen zu. Beim "Spiegel" stieg sie leicht auf 5,93 Millionen, "Focus" verlor stark und sank auf 4,27 Millionen Leser.

Herzlichst Ihr Thomas Osterkorn"

Da die verkaufte Auflage von "Stern" und "Spiegel" von den Verlagen mit etwa einer Million, die des "Focus" mit 735.000 Stück angegeben wird, ergibt sich die Horrormeldung, daß in diesem krisengeschüttelten Land nun schon sechs bis acht Leser sich eine Zeitschrift teilen müssen. Oder sollte es so sein, daß die Leser der drei genannten Illustrierten im Schnitt nur jede sechste bis achte Ausgabe kaufen?

   ... o mores

Wolfgang Gehrcke, 1989 noch als Hamburger DKP-Vorsitzender Teilnehmer eines KONKRET-Streitgesprächs mit Thomas Ebermann und anderen, ist zwanzig Jahre später außenpolitischer Sprecher der Linkspartei im Bundestag, wo er gefühlte 150 Prozent seiner Arbeitszeit dem Problem widmet, was die israelische Regierung zu tun habe, um die Hamas und die Hisbollah den Juden gnädig zu stimmen. Dazu hat er nun auch noch ein Buch (Die deutsche Linke, der Zionismus und der Nahostkonflikt) verfaßt, in dem er sein Glaubensbekenntnis ablegt:

"Linke Kritik an einer israelischen Regierungspolitik, die sich über Menschen- und Völkerrechte sowie über UN-Resolutionen hinwegsetzt, ist legitim und notwendig für einen Friedensprozeß im Nahen Osten. Linke müssen sie aber auch um ihrer selbst willen üben als Rückversicherung und Nachweis, daß sie Menschen- und Völkerrechte zur Basis ihrer Politik gemacht haben."

Sie haben richtig gelesen: Damit man ehemaligen Genossen der DKP und der SED glaubt, daß sie es neuerdings mit den Menschenrechtlern halten, müssen sie Kritik an der Regierung des jüdischen Staats üben. So sind die Juden schließlich doch zu was nutze.

"Ihre Kritik ist zudem Ausdruck einer unbequemen, aber tiefen Solidarität mit dem israelischen und dem palästinensischen Volk",

wenn auch auf gar keinen Fall mit dem jüdischen.

"Unbequem deshalb, weil sie Angriffe aus Teilen der linken Bewegungen, der offiziellen deutschen Regierungspolitik und von rechtszionistischen Positionen auf sich zieht. Ein Beispiel dafür findet sich in einem Streitgespräch in der Zeitschrift KONKRET. Thomas Ebermann definierte kritische Positionen von Politikern der Linken zur offiziellen israelischen Politik als antisemitisch: ‚Es gibt für mich keinen Grund, nicht Worte der Wertschätzung zu finden für Leute in der Partei (›Die Linke‹), die den Antisemitismus von Gehrcke, Paech und Lafontaine thematisieren.' Angriffe wie diese sind verlogen und verletzend."

Und, hat er vergessen, mehr als berechtigt. Einem anderen aus diesem Milieu hat KONKRET gerade noch rechtzeitig aus seiner Autorenliste gestrichen, bevor er im Internet sein Coming out feiern konnte:

"Wenn Kipa-Brüder die Woche der Brüderlichkeit feiern / Ein Besuch in der Kölner Synagoge / Von Werner Rügemer"

Ein Absatz für alle:

"Das Quartett spielte wieder etwas deutsch-Klassisches, bevor die etwas dickliche Professorin, die ihren Mantel anbehielt und keine Kipa trug, ohne jegliche Begrüßung ihr Honorar abarbeitete und ohne Umschweife auf den ‚Migranten als Leitfigur der Moderne' zu sprechen kam. Die Referentin soll eine sehr bekannte Person sein. Ich blickte fragend meinen Nachbarn zur Linken an. Er raunte mir zu: ‚Literarisches Quartett!' Als ich immer noch ratlos blickte, raunte er mir heftiger etwas zu, das wie ‚Reicher Ranitzki' klang. Das schien er für eine definitive Erklärung zu halten."

Dieser Dreck läßt sich nicht mehr kommentieren.

   Eine Frage der Zeit

Gut Ding will Weile haben. In KONKRET vom Februar 2003 war in Gremlizas Kolumne zu lesen:

"Auf den Vorwurf, sie verbünde sich auch mit Terroristen, antwortete die US-Regierung sinngemäß: Was sollen wir machen, wenn nichts anderes im Angebot ist. So haben die USA, gegen die Sowjetunion, die Taliban angeworben, zu Terroristen ausgebildet, bewaffnet, an die mörderische Macht gebracht und, als sie sich gegen ihre Erfinder wandten, wieder abgeschafft. Zu diesem Zweck durfte der General Dostum von der afghanischen Nordallianz 3.000 gefangene Taliban unter den Augen von US-Offizieren in Container sperren, drei Tage lang in der Wüstensonne stehen lassen, bis sie verreckt waren, und die paar Halbtoten, die in den Leichenhaufen sich bewegten, wiederum vor den Augen der Menschenrechtskrieger erschießen."

Im Juli 2009 muß sogar Springers Presse leider melden:

"Obama läßt Massaker untersuchen / Es ist ein grausiger Vorwurf: Verbündete Milizen der US-Truppen in Afghanistan sollen 2001 bis zu 2.000 gefangene Taliban in Stahlcontainer gesperrt und in der Wüste bei glühender Sonne ausgesetzt haben. Die Taliban, die sich ergeben hatten, sollen qualvoll erstickt und in Massengräbern verscharrt worden sein. Die Morde angeordnet haben soll der Politiker und Warlord Raschid Dostum ..., nun Armee-Stabschef von Präsident Hamid Karsai."

Den weiten Weg zu untersuchen, den die Meldung nehmen mußte, bis sich die Claqueure des War against terror gezwungen sehen, von dem, was sie jetzt selber ein Massaker nennen, Notiz zu nehmen, wäre die Magisterarbeit eines Studenten der Publizistik wert. Er müßte sich danach freilich einen anderen Beruf suchen.

   Veranstaltung

Vortrag von Christian Hirsch und Alex Feuerherdt - "In den Lauf. Fußball, Fans, Kultur" - am 21. August in Halle, Stadthaus (Marktplatz 2), Kleiner Saal, Beginn 20 Uhr.

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36