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36 Jahre Konkret CD

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Heft 11 2005

von konkret

   "Wie die intellektuelle Linke in Deutschland miteinander umgeht, erweist sich bisweilen als äußerst rätselhaft", meint die "Neue Westfälische" aus Bielefeld, die ihren lokalen Heroen Eugen Drewermann erstens für einen Linksintellektuellen hält und ihn zweitens "erbarmungslos" beziehungsweise "ganz tief unter der Gürtellinie" angegriffen sieht, und zwar durch Christoph Horst, der in KONKRET (8/05) geschrieben habe, den "Lehren des Kirchenkritikers" sei ein "gehöriger ›Schuß Antisemitismus beigemengt‹". Zum Beweis hatte Horst Drewermanns Weisheit zitiert, daß "das Christentum aufgrund seiner semitischen, jüdischen Geisteskraft einen außerordentlich gewalttätigen und rücksichtslosen Charakter an sich trägt", und Drewermann attestiert, er gebe "gern den Antikapitalisten, der bei Aktionen gegen Hartz IV mitmacht und gegen Zinstreiberei wettert".

Gegenüber der Lokalzeitung nannte Drewermann "die gegen ihn persönlich gerichteten Vorwürfe ›absurd‹":

"Außerdem habe schon Moses ein Zinsverbot erlassen. Er engagiere sich seit langem für die christlich-jüdische Zusammenarbeit", und einige seiner besten Freunde seien Juden. "›Weiß der Himmel, was die wieder für Flächenbrände brauchen‹, meinte Drewermann unter Anspielung auf die ›einzige linke Publikumszeitschrift Deutschlands‹."

Was der Himmel weiß, fällt in Drewermanns Ressort. Und in das des emeritierten Paderborner Soziologie-Professors Arno Klönne, den die Heimatzeitung in diesem Zusammenhang mit dem Befund zitiert, KONKRET sei "eine Art Spezialorgan für Linke, die anderen Linken nachweisen möchten, daß die nicht wirklich links sind, was wiederum manchen Linken, die davon gerade nicht selbst betroffen sind, klammheimliche Freude bereitet". Das kann dem einen wie dem anderen Linken in der "Neuen Westfälischen" nicht passieren.

Da wir gerade bei Lokalanzeigern sind: In einem war diesen Sommer zu lesen, "beim Anblick" der Sahra Wagenknecht möge "älteren linken Herren aus dem KONKRET-Milieu noch einmal halb steif zumute werden". Der für diese Zote verantwortliche Chefredakteur ist eine Chefredakteurin. Sie heißt Bascha Mika, und ihr Blatt ist die "Tageszeitung". Ob sie beim Lesen laut gelacht hat oder leise gekichert?

Hoch gehen die Wellen im Internet, was Gremlizas Kolumne "Terror und Interesse" (KONKRET 8/05) zu bedeuten habe. Die Meinungen schwanken zwischen Pro, Contra und Re:

"Auch wenn die Kolumne recht plump daherkommt, ist sie doch ein Schritt weg vom Ressentiment hin zur materialistischen Analyse, ... weil auch Sachen drinstehen, wie folgendes: "Weil die zivilisierte Welt weder besonders zivilisiert ist noch eine Wertegemeinschaft, sondern ein Haufen nationaler Kapitale, die sich in wechselnden Bündnissen um die Beute balgen, welche noch die ärmsten Regionen der Erde hergeben, sind sie unfähig zu solcher Remedur." Man wird sehen, ob das nur kurzer Seitenwind ist, natürlich auch immer mit Blick auf die Abonnentenzahlen. Oder ob am Ende gar der Pankow durch Elsässer ersetzt wird ..."

Nein, schreibt ein anderer, Gremliza habe

"schon häufiger so argumentiert; das ist kein plötzlicher Schwenk, sondern gerade das Schwanken hat bei ihm Methode. Beim nächsten Terroranschlag könnte er dann auch wieder den Koran zitieren. Ich vermute mal, er kann sich da nicht so recht entscheiden. Und der Vulgärmaterialismus war schon immer eine Schwäche von ihm. Er pflegt dann gerne zu antworten, daß die Wirklichkeit halt ziemlich vulgärmaterialistisch sei."

Tja, antwortet wieder der eine,

"ich meinte ja auch mit den ständigen Schwenkern, daß der Gremliza dafür bekannt ist. Es wurde aus sowas aber auch schon ein Linienwechsel bei der KONKRET, und das wollte ich verdeutlichen."

Aber, aber, meint ein Dritter, es sei doch

"ein bißchen arg gutmütig, aus jeder inkosistenten Argumentation Gremlizas einen "Schwenk" in die richtige Richtung zu vermuten."

Da kann ihm der Gremliza, der Inkosistente, nur recht geben.

Der Nobelpreis für Literatur - was hat man mit ihm nicht alles schon ausgezeichnet: "seltene Vereinigung von Herz und Geist" (1901), "seltene Seelenreinheit" (1903), "frische Ursprünglichkeit" (1904), "plastische Energie" (1906), "männliche Stärke" (1907), "ideale Weltanschauung" (1908), "erhabenen Idealismus" (1915), "edle Stilkunst" (1921), "Tiefe und Wärme" (1926), "starkes Gefühl" (1936), "mächtige Gefühle" (1945), "tiefe Selbständigkeit" (1951), "künstlerische Reinheit" (1956), "klassisches Feuer" (1959), "hohen Flug" (1960), "sozialen Scharfsinn" (1962), "freiheitlichen Geist" (1964), "Naturkraft" (1971), "zeitgeschichtlichen Weitblick" (1972), "Weitblick" (1981), "umfassende Breite" (1987), "große Leuchtkraft" (1992), "visionäre Kraft" (1993), "volkstümlich-politisches Agitationstheater" (1997), "munterschwarze Fabeln" (1999), "überrumpelnde Teilhabe des Außenseitertums" (2003). Nun hat ihn also der britische Dramatiker Harold Pinter gekriegt - aus, sagen wir: jenen gebrauchsliterarischen Gründen, die in der Geschichte dieses Preises üblich geworden sind. Anlaß genug immerhin, auf die deutsche Erstveröffentlichung zweier Pinter-Texte in KONKRET hinzuweisen: Der Sketch "Die neue Weltordnung" und der gegen die Lateinamerika-Politik der USA gerichtete Vortrag "Oh, Superman" erschienen in Heft 12/91.

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36