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36 Jahre Konkret CD

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Heft 07 2004

von konkret

   Man muß nicht in die Ferne schweifen, um einen Eindruck zu bekommen vom Zustand, in dem die deutsche Linke sich befindet - nach Köln etwa, zum Antisemiten-Treffen "Stop the Wall" (siehe S. 21), oder in die Abseiten der Irak-Debatte (siehe S. 16). Manchmal genügt auch der Redaktionsalltag.

"Hallo Redakteure und Redakteurinnen der KONKRET, ich habe mich anläßlich der Verleihung des Ossietzky-Preises der Stadt Oldenburg an Noam Chomsky, die in dieser Woche stattfand, mit den Verbindungen des Preisträgers zu Holocaustleugnern und Neonazis und seiner Funktion für die radikale Linke und jetzt auch für die bürgerlichen Intellektuellen in Deutschland beschäftigt. Da ich dies aufgrund der großen Leserschaft von Chomsky für keine Marginalie halte, würde ich Euch gerne einen Text dazu für KONKRET anbieten. Grundlage könnte das angefügte Flugblatt sein, daß ich anläßlich der Preisverleihung hier in Oldenburg verteilt habe. Darüber hinaus habe ich umfangreiches Material gesammelt, das u. a. die Stellungnahmen von Chomsky zu Pol Pot enthält sowie seine Verbindungen zu einer französischen Szene von ehemaligen Linken, die sich jetzt im Fahrwasser der Neuen Rechten tummeln. Dazu gehört u. a. der Verteidiger von Saddam Hussein, Jacques Vergès. Überlegt doch bitte in den nächsten Tagen, ob Ihr Interesse an einem kritischen Text zu Chomsky mit den skizzierten Inhalten habt.

Ich würde mich über eine baldige Rückmeldung freuen.

Schöne Grüße, Klaus Thörner"

Die Redaktion ist interessiert.

"Lieber Klaus, gute Idee. Melde Dich doch bitte zwecks genauerer Absprache in der Redaktion.

Schöne Grüße, Wolfgang Schneider"

Der Annahme des Angebots folgt seine prompte Rücknahme.

"Lieber Wolfgang Schneider!

Herzlichen Dank für die schnelle und positive Antwort, die mich aufgrund der Entwicklung der KONKRET in den letzten Monaten sehr überrascht hat. Auch wenn es mir sehr leid tut, habe ich mich jetzt doch entschieden, den Artikel zu Chomsky in der "Bahamas" (ich hatte ihn dort auch angeboten) und nicht in KONKRET zu veröffentlichen. Dies hat zwei Gründe:

Erstens finde ich den zunehmenden Antiamerikanismus von KONKRET sehr bedenklich, der mit Hermann Gremlizas Kommentar zum 11. September 2001 einsetzte und sich u. a. über Artikel von Conrad Schuhler bis zur Nichtherausgabe des Buches 'Amerika. Der "War on Terror" und der Aufstand der Alten Welt' von Thomas Uwer, Thomas von der Osten-Sacken und Andrea Woeldike zieht. Zweitens fällt es mir sehr schwer, für KONKRET zu schreiben, weil ich damit meinem Freund Matthias Küntzel in den Rücken fallen würde, der - obwohl langjähriger Autor von Euch - aufgrund seiner nach meiner Ansicht bahnbrechenden und wichtigen Analysen zum Islamismus nicht mehr bei Euch schreiben darf, ja dem der KONKRET-Herausgeber in seinem "Express" sogar noch das Schlimmste auf den Hals wünschte.

Ich wäre sehr froh, wenn sich an der Situation in beiden genannten Punkten etwas ändern würde oder sich meine Einschätzung als falsch erweist und sich für mich doch noch Möglichkeiten ergäben, für KONKRET schreiben zu können. Derweil werde ich KONKRET als Leser verbunden bleiben. Ich wäre Euch in der KONKRET-Redaktion dankbar für eine Antwort auf diese Mail, in der Ihr mich gerne eines Besseren belehren könnt.

Schöne Grüße, Klaus"

Die Redaktion macht sich Sorgen:

"Lieber Klaus, aber sonst geht's noch, oder?

Wolfgang"

stößt aber auf Unverständnis.

"Lieber Wolfgang!

Ich verstehe Deine kurze Reaktion bzw. Frage nicht. Findest Du mich jetzt wirklich so durchgedreht, daß sich eine längere Antwort für Dich erübrigt, da bei mir jegliche vernünftige Argumentation oder Erklärung überflüssig ist? Oder fühlst Du Dich durch meine Kritik so angegriffen, daß Du voller Wut oder Enttäuschung eine weitere Kommunikation verweigerst? Ich wollte Dich keineswegs persönlich angreifen oder kritisieren und auch KONKRET habe ich als wichtiges antideutsches Publikationsorgan keineswegs abgeschrieben. Mir ging es nur darum, Euch meine Sorgen über die aktuelle Entwicklung von KONKRET mitzuteilen und vor allem darauf hinzuweisen, wie sehr mich die Ausgrenzung meines Freundes Matthias Küntzel durch den KONKRET-Herausgeber traurig macht und zögern läßt, für KONKRET zu schreiben. Reicht das schon, um mich für verrückt zu erklären? Übrigens heißt meine augenblickliche Entscheidung, den Chomsky-Artikel in der "Bahamas" zu publizieren nicht, daß ich voll und ganz auf "Bahamas"-Linie bin. Auch da habe ich meine Kritikpunkte. Nur aufgrund meiner geschilderten augenblicklichen Einschätzung des KONKRET-Herausgebers halte ich in diesem Moment eine Publikation in der "Bahamas" für sinnvoller.

Ich wäre Dir bzw. der KONKRET-Redaktion weiterhin sehr dankbar, mich jetzt nicht sofort abzuschreiben, und würde mich über eine inhaltliche Antwort bzw. Erwiderung freuen.

Schöne Grüße, Klaus"

Nun denn.

"Lieber Klaus, ganz langsam also, zum Mitschreiben: Du bietest KONKRET "gerne" einen Text an, mit dessen Annahme Du, erstens, nicht rechnest ("sehr überrascht"), den Du aber, zweitens, in KONKRET gar nicht gedruckt sehen möchtest - aus politischen Gründen ("zunehmender Antiamerikanismus") und weil Du Deinem Freund Küntzel, der Dir bei der Formulierung Deines Vorschlags vorübergehend abhanden gekommen sein muß, nicht "in den Rücken fallen" willst. Zu den politischen Gründen an dieser Stelle kein Wort; wer nicht lesen können will, dem ist nicht zu helfen. Was aber Deinen Freund Küntzel betrifft, von dem Du schreibst, daß er "aufgrund seiner bahnbrechenden und wichtigen Analysen zum Islamismus" nicht mehr in KONKRET schreiben darf, so verhält es sich im Gegenteil so, daß seine Analysen zum Islamismus in KONKRET ausführlich besprochen und gelobt worden sind (von Thomas Uwer, in Heft 11/02). Weniger Anklang fand dagegen sein Hang zu Denunziation und Fälschung - auch das hättest Du wissen können (es stand, acht Monate vor der positiven Rezension seines Djihad-Buches und im Detail belegt, in "Gremlizas Express", KONKRET 3/02). Vielleicht liest Du's, wie so manches andere auch, bei Gelegenheit einfach mal nach.

Schöne Grüße, Wolfgang"

Fortsetzung folgt nicht.

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36