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36 Jahre Konkret CD

36 Jahre Konkret CD


Heft 03 2003

von konkret

   In Abständen geraten KONKRET und sein Herausgeber in Verdacht, die gute Sache, die sie bis gestern vertraten, zu verraten. Auch jetzt, in Erwartung eines Kriegs gegen den Irak. Um so wichtiger werden in solchen Zeiten Beispiele der Überzeugungstreue wie die zwei folgenden.

Prophete links:

"Ich behaupte einfach, es gibt den klassischen linken Antisemitismus in Form des Antizionismus und verwandter Erscheinungen so nicht ... Der letzte knüppelharte Antisemit ist seines Redakteurspostens enthoben worden, der Pirker ... Die radikale Linke, die Zeitschriften wie KONKRET oder "Bahamas" liest, hat (die Geschichte des linken Antisemitismus) so aufgearbeitet, daß sie sich jetzt nicht dauernd Asche aufs Haupt zu streuen braucht in dem Sinne: Ich steck ja als Deutscher irgendwie mit drin und meine Oma und sonst etwas ... Das ist eine ganz komische sozialarbeiterische Angelegenheit ... "

Das war, auf dem KONKRET-Sommergelage 2000, jener Justus Wertmüller, der dem KONKRET-Herausgeber deshalb heute in der Vierteljahresschrift "Bahamas" vorwerfen muß, er habe "die Voraussetzungen für die Solidarität mit dem jüdischen Staat untergraben" und lasse "Israel-Hasser" wie jenen Bernhard Schmid zu Wort kommen, der es "wiederum mit offen antizionistischen und antisemitischen Autoren" halte.

Prophete rechts:

"(Die Berichterstattung der Tageszeitung 'Junge Welt' zeigt), daß ein Gutteil der Linken heute die Rolle übernommen hat, die beim Pogrom von Rostock-Lichtenhagen die CDU/CSU spielte: Ihre Vor- und Afterdenker fabrizieren die Brand-Sätze, die dann von Glatz- und Hohlköpfen nur noch angezündet werden müssen. Deshalb: Heute ist es nicht nur illusionär, sondern reaktionär, sich positiv auf die Linke zu beziehen ... Die allermeisten Linken waren, sind und bleiben Spießer, Reaktionäre, Antisemiten ... Für emanzipatorisches Gedankengut gibt es in der DKP nicht mehr Aufgeschlossenheit als in der FDP. Kommunismus müßte auch gegen die überwältigende Mehrheit der Kommunisten durchgesetzt werden."

Das war, zwei Jahre vor dem Sommergelage, der damalige Redakteur der "Jungle World", Jürgen Elsässer, der deshalb heute KONKRET und seinen Herausgeber in der "Jungen Welt" auffordert, weil "das Kapital so mächtig und skrupellos" sei, "die sterile Aus- und Abgrenzerei" von Spießern, Reaktionären und Antisemiten zu beenden.

KONKRET und sein Herausgeber werden sehen, was sich da tun läßt.

   Die "Redaktion Nachtcafé" des SWR fragt an:

"Um eine Pro-Bush-Position, wie sie ihr Herausgeber Hermann Gremliza vertritt, zu diskutieren, hätte ich gerne etwas Material."

Wir auch. Vielleicht kann Elsässer aushelfen. Oder Wertmüller.

   Stasi verkehrt. Ein "wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik", die also, noch als ehemalige, einen Staatssicherheitsdienst hat, schreibt in der "FAZ am Sonntag" unter dem Titel "Der schmutzige Antifaschismus der Stasi" über den ZDF-Moderator Gerhard Löwenthal:

"... ist es nicht verwunderlich, wenn es in einem DDR-Dokument von 1974 heißt: "Löwenthal ist Halbjude ... Nach 1945 hat es Löwenthal immer verstanden, seine vorübergehende Festnahme als ›KZ-Haft‹ und ›politischen Widerstand‹ auszulegen und daraus Nutzen für seine politische Karriere zu ziehen." Dies bezog sich vermutlich auf einen Artikel in der Hamburger Zeitschrift KONKRET, in welchem sich der Autor, Hermann L. Gremliza, in diesem Sinne geäußert hatte ... Das mögliche Motiv: Gremliza, politisch linksstehend, wollte Löwenthal wohl als politischen Rechtsausleger abstempeln, ohne auf dessen Argumente eingehen zu müssen."

"Abstempeln" ist gut. Auf Veranstaltungen, bei denen Löwenthal gegen die Ostpolitik der Bundesregierung agitierte, pflegten seine Anhänger "Bahr und Brandt / An die Wand!" zu skandieren, ein Argument, auf das schwer einzugehen war. Der "Halbjude" kommt in dem Artikel, dessen Stil leider den erst kurz zuvor dem "Spiegel" und seiner Schule entkommenen Redakteur noch verrät, aber schon als Anspielung auf den Sprachgebrauch von Gerhard Freys Nazi-Zeitung vor, die stets Löwenthals treuester Begleiter war.

   Nachtrag: In dem Text "Amputierte Wahrnehmung" in KONKRET 2/03 fehlte der Hinweis, daß es sich bei der Valie-Export-Retrospektive in der Berliner Akademie der Künste um eine Ausstellung der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK), Berlin, handelt. Der Katalog ist bei der NGBK für 20 Euro erhältlich.

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36