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36 Jahre Konkret CD

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Heft 12 2008

Georg Fülberth

VIEL LÄRM UM SINN

Was ist eigentlich das Ifo.-Institut?

Das Ifo (Institut für Wirtschaftsforschung) an der Ludwig-Maximilians-Universität in München gibt allmonatlich einen "Geschäftsklima-Index" heraus. Hier teilen 7.000 Unternehmen mit, wie sie so drauf sind. Vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden kommen regelmäßig Meldungen über die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Sie sind auf die jüngste Vergangenheit gerichtet, die Börsenkurse auf die Tagesform. Der Geschäftsklima-Index tastet in die Zukunft: Er erfühlt die Stimmung in der Wirtschaft und somit auch die Investitionsbereitschaft. Der Antrieb der kapitalistischen Ökonomie - nicht nur des Finanzsektors - ist die "Erwartung" (von gröberen Naturen auch als "Spekulation" bezeichnet): Investiert wird in der Annahme, das angelegte Geld werde anschließend durch Profit vermehrt werden. Absender der Ifo-Mitteilungen sind die Unternehmer, Dolmetsch ist das Institut, Empfängerin nicht nur die Öffentlichkeit im allgemeinsten Sinn, sondern auch die Politik. Ihr werden Noten erteilt: Ist die Laune der Prinzipale schlecht, haben Regierung und Gewerkschaften mal wieder etwas falsch gemacht. Bezahlt wird das Ifo nicht von den faktischen Auftraggebern, sondern aus den öffentlichen Haushalten. Das ist wie bei der Bankensanierung.

Der Präsident des Instituts, Professor Hans-Werner Sinn, könnte eines Tages den Nobelpreis für Wirtschaft erhalten. Die "Bildzeitung" nennt ihn den besten Ökonomen Deutschlands. Er ist Mitglied vieler wissenschaftlicher Vereinigungen, also vorzüglich vernetzt. Auch sitzt er im Aufsichtsrat der Hypo-Vereinsbank.

Seinem Buch "Ist Deutschland noch zu retten?" wird Einfluß auf die Entstehung der "Agenda 2010" zugeschrieben. Löhne und Sozialaufwendungen seien zu hoch. Auf Seite 71 demonstrierte Sinn drei Auflagen lang anhand einer Grafik, Deutschlands Warenausfuhr falle zurück. Albrecht Müller wies in seinem Buch Machtwahn und auf seinen "Nachdenkseiten" darauf hin, daß Sinn Import und Export verwechselt hatte. Zur vierten Auflage hat der Professor das gemerkt und eine neue Grafik verwendet. Seine wirtschaftspolitische Botschaft behielt er bei. Wenn er kürzlich Managerschelte mit Judenhetze verwechselte, war das also nicht ein politisches Delikt, sondern einfach eine Art Gebrechen, sagen wir: die Verwechselungssucht. In letzterem Fall darf überdies als mildernder Umstand geltend gemacht werden, daß Sinn nicht als Deutschlands dümmster Historiker bezahlt wird (das ist Hans-Ulrich Wehler), sondern eben als Deutschlands bester Ökonom.

Im übrigen ist München ein vorzüglicher Wissenschaftsstandort. Dort gibt es neben dem Ifo auch das ISW (Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung). Da finden Sie die neuesten Analysen der jeweiligen Marktkapriolen und -legenden. Klicken Sie unter http://www.isw-muenchen. de/index.html.

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Literatur Konkret Nr. 36