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36 Jahre Konkret CD

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Heft 03 2005

an konkret

Taucher

KONKRET 12/04: "Liebermanns Garten" von Tjark Kunstreich

Soweit der Artikel über Max Liebermann und insbesondere das Schicksal seiner Wannsee-Villa die Behauptungen aufstellt, der Tauchclub (DUC Berlin e. V.), der die Villa vom Berliner Senat gepachtet hatte, habe die Villa in "ein Bordell" verwandelt und den Garten der Villa ruiniert, handelt es sich um freie Erfindungen, die wenig kunstreich ersonnen sind. Tatsache ist vielmehr, daß die Villa abgerissen werden sollte und ohne den Tauchclub als Pächter wohl nicht mehr existieren würde, der die baufällige Villa nach Übernahme renoviert und auch den Garten gepflegt hat. Grundlage der Aussagen des Autors war wohl nicht seine eigene Recherche, sondern anscheinend nur ihre Paßfertigkeit in die Liste der Schandtaten, die zweifellos gegenüber Liebermann und vielen anderen Juden in Deutschland begangen worden sind. Frage: Sind alle, die in den Nachfolgegeschäften arisierter und vormals in jüdischem Besitz befindlicher Kaufhäuser einkaufen, Antisemiten?
Klaus Herkenroth
langjähriges Mitglied des Tauchclubs und noch längerer KONKRET-Leser

Pfaffen

KONKRET 2/05: "Pleonasmus: Unmensch" von Christoph Horst

Ihr nutzt eine Broschüre der "Gesellschaft für kritische Philosophie" nicht nur als Aufhänger für Kritik an Karlheinz Deschner, sondern findet für diese auch lobende Worte. Die Mitglieder dieser "Gesellschaft" sind nicht nur "Religionskritiker mit C3-Lehrstuhl und positivistischem Einschlag", sondern auch besonders unsympathische Reaktionäre. Vorsitzender der Gesellschaft ist Georg Batz, seines Zeichens Beauftragter der Thomas-Dehler-Stiftung, der in der Vergangenheit durch Veranstaltungen mit dem Schweizer Holocaust-Leugner Arthur Vogt und dem Witikonen Hans-Ulrich Kopp von sich reden machte. Die Gesellschaft gibt außerdem die Zeitschrift "Aufklärung und Kritik" heraus, zu deren Herausgeberkreis neben Deschner und Batz so illustre Persönlichkeiten zählen wie Peter Singer, Karl Schachtschneider (Ex-Bund-Freier-Bürger-Bundesvorstand), Hubertus Mynarek und der mittlerweile abgetretene notorische Antikommunist Ernst Topitsch.
Die von Euch präsentierte Broschüre steht in einer Folge mit den weiteren Sonderausgaben über "Liberalismus" und "Peter Singer". Vor diesem Hintergrund dürfte das Faible der Gesellschaft für Deschner samt seines Antiamerikanismus und seiner Religionskritik in einem durchaus anderen Licht erscheinen.
Marco Kuhn
Antifaschistisches Dokumentations- und Informationsprojekt Fürth

Zu Deschner: Diesen Häuptling aller deutschen Heiden braucht man überhaupt nicht zu verteidigen.
Markus Grafenburg
per E-Mail

Was berechtigt Sie, einen ganzen Berufsstand mit einem Schimpfwort - Pfaffen - zu belegen? Mit gleichem Recht dürfte man dann Ärzte und Apotheker pauschal als Quacksalber und Journalisten als Schmieranten bezeichnen.
Otmar Einwag
Grebenstein/Udenhausen

Seit wann wird "Pleonasmus" eigentlich mit "Unmensch" übersetzt?
Ingrid Gierke
Bremen

Spießer

KONKRET 2/05: Kunst & Gewerbe

Sie haben recht: Viel mehr, als grimmig unter dem Tisch hervor zu illern, während um uns herum der Holocaust am linken deutschen Intellekt vollzogen wurde und wird, haben wir nicht auf die Reihe bekommen. Doch damit ist jetzt Schluß, und die Welt hat es Ihnen zu verdanken, daß schon bald ein Muromez aus dem Kleinbürger erwachsen wird, dessen Schwert an den Schlaf der Welt rühren soll. Wir sind auf dem besten Wege, aus unserem kleinbürgerlichen Gelege eine Sasse der Bolschewiki zu machen und unseren politischen Standpunkt zu konkretisieren.
Uwe Schaarschmidt
"Spießer"-Redaktion

Autoritäten

KONKRET 2/05: "Das Kuba des neuen Europa" von Hannes Hofbauer

Zugegeben: Ernsthafte klimatologische Überlegungen stehen meiner Umsiedlung in "Das Kuba des neuen Europa" entgegen. Interesse weckt die Analyse Weißrußlands gleichwohl. Präsident Lukaschenko wurde also im Juli 1994 als politischer Neuling mit 80,1 Prozent gewählt. Donnerwetter! Gern würde ich mehr erfahren über diese beeindruckendste politische Newcomergeschichte seit der Erweckung der Heiligen Jungfrau von Orleans zur Heerführerin der Franzosen.
Das "autoritäre Auftreten ... verzeiht die Mehrheit bis heute". Aha! Worin äußert sich das autoritäre Verhalten? Unterbricht er die Bürger im Satz? Langweilt er mit langatmigen Reden? Macht nichts! Hauptsache es kommt niemand ernsthaft zu Schaden an Leib und Leben. Und wenn schon: Die Opposition hat aus gutem Grund keine Chance, weil "ein bürgerlicher Parlamentarismus (zum Glück) gar nicht erst aufkommt". Denn private Sponsoren sind verboten. Das dürfte okay sein, weil ja alle Kandidaten sicher denselben Zugang zu öffentlichen Medien und staatlichen Leistungen haben, oder? Toll auch, daß neben Parteien (igitt!) "auch Kollektive der Produktion Kandidaten stellen" dürfen. Wie das genau geht, wüßte sicher jeder gerne, der davon träumt, zusammen mit Kollegen, leitenden Angestellten und dem Chef im herrschaftsfreien Diskurs an der staatspolitischen Willensbildung mitzuwirken.
Kai Naumann
Frankfurt a. M.

Opfer

KONKRET 2/05: "Stars im KZ" von Dietrich Kuhlbrodt

Leider enthält Dietrich Kuhlbrodts Besprechung keinen Hinweis auf Primo Levis Buch Die Untergegangenen und die Geretteten, das offensichtlich als Vorlage für Tim Blake Nelsons Film "Die Grauzone" gedient hat. Levi nennt das Kapitel, in dem er das Phänomen der Funktionshäftlinge reflektiert, "Die Grauzone": "Die hybride Klasse der Häftlinge als Vollzugspersonen bildet das Knochengerüst und weist gleichzeitig die am stärksten beunruhigenden Züge auf. Sie ist eine Grauzone mit unscharfen Konturen, die die beiden Bereiche von Herren und Knechten voneinander trennt und zugleich miteinander verbindet."
Ein längerer Abschnitt beschäftigt sich mit den von der SS sogenannten "Sonderkommandos" zur Beseitigung der Leichen aus den Gaskammern. Darin werden alle von Kuhlbrodt genannten Personen und (die von ihm zum Teil bezweifelten) Begebenheiten beschrieben: Das Mädchen, das die Gaskammer überlebt und danach erschossen wird, der SS-Arzt Muhsfeld, der Bericht von Dr. Miklos Nyiszly, der Aufstand des Sonderkommandos im Oktober 1944 und auch das von Kuhlbrodt nicht erwähnte (einzige) Fußballspiel zwischen Häftlingen des Sonderkommandos und der SS sowie die geschlossene Weigerung von 400 neuangekommenen jüdischen Häftlingen aus Korfu, diese Arbeit zu übernehmen, die daraufhin sofort vergast wurden. Besonders die letzten beiden Begebenheiten stehen aber für den perversen Willen der SS, die Opfer ebenfalls zu Schuldigen zu machen.
Kuhlbrodt verbleibt mit seiner Beschreibung vom "großen moralischen Entwurf" des Films, vom "moralischen Dilemma" bzw. dem "Grauzonen-Dilemma" von "Kollaboration und Korruption" und seinem subtil vorwurfsvollen Ton in den Bahnen des eindeutigen moralischen Urteils, das Levi kategorisch ausgeschlossen hatte: "Ich betone noch einmal: Ich glaube, niemand ist dazu berechtigt, über sie zu Gericht zu sitzen, weder jemand, der die Erfahrung des Lagers durchgemacht hat, geschweige denn jemand, der eine solche Erfahrung nicht durchgemacht hat."
Oliver Eberl
Frankfurt a. M.

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36