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36 Jahre Konkret CD

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Heft 03 2004

an konkret

Alte Herren

KONKRET 2/04: "Stunde Null Null" von Hermann L. Gremliza

Einige Ergänzungen zur sonst vorzüglichen Kolumne, die so nirgendwo stehen. Beisheim, der heute den spendablen Opa gibt, Interviews aber meidet, hat allen Grund dazu. Denn seine Geschichte könnte, wie mir nach einem Gespräch mit einem Schweizer Wirtschaftsjournalisten klar wurde, etwa so gewesen sein: Nach Hitlers Selbstmord beauftragten einige SS-Bonzen einen Frischling aus der Leibstandarte, die Fackel weiterzutragen. Sie weihten den Jungen in die HIAG ein, informierten ihn über ihre Bankkonten und persönlichen Verbindungen in der Schweiz. Der beginnt mit Hilfe seiner neuen Schweizer Freunde ein zweites Leben als ehrbarer Kaufmann im Steuerparadies Zug. Beisheims erste Zuger Jahre liegen bislang ziemlich im Dunkeln, der Aufstieg seiner, von den Ruhrkapitalisten Schmidt-Ruthenbeck und Haniel mitfinanzierten Metro, datiert ja erst von Anfang der Sechziger.
Beisheim ist ein Beispiel für jene Deutschen, die nach dem Krieg in die Schweiz kamen und dort - finanziell - groß geworden sind. Als Startkapital diente ihnen jener Teil des deutschen Auslandsvermögens, den das Bankgeheimnis zwischen Kriegsende 1945 und Gründung der alten BRD 1949 vor dem Zugriff der Alliierten geschützt hat. Das war nicht wenig! Wenn der alte Beisheim sich jetzt direkt neben seinem einstigen Aktionsfeld als Leibstandärdler im Führerbunker und Befehlsempfänger des SS-Hauptquartiers ein Denkmal setzt, schließt sich der Kreis, darauf hat Gremliza ja hingewiesen. Nur, der Sumpf ist tief und wird von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Beisheim erhielt 2003 den Verdienstorden des Landes Berlin, denn "durch seine Investitionen, verbunden mit persönlichem Engagement für Berlin, hat Otto Beisheim wesentlich zu Ansehen und Baukultur Berlins beigetragen." Wowereit und Clement waren zusammen mit den Architekten und Metro-Großlieferanten zur Eröffnung an Beisheims Tafel geladen. Das mehrstündige Essen orientierte sich kulinarisch an einem Video, das die weltweiten Metro-Aktivitäten dokumentierte. Der nächste Streich steht Berlin mit der aus Zwangsarbeiter-Ausbeutung und Steuerhinterziehung zusammengekauften Flick-Collection ins Haus. Die wollten nicht mal die Schweizer haben.
Christian von Borries
Berlin

Obere Drahtzieher

KONKRET 2/04: "Publizistischer Geleitschutz" von Jan Pehrke

Falls jemand sich über die erwähnte "erste Brigade Erhard" informieren will (was anzuraten ist, denn da ist Interessantes über die Vorbereitung des deutschen Faschismus zu entdecken), wird er unter "Erhard" nichts finden; der gemeinte Freikorpsführer hieß Ehrhardt, Hermann. Der Mann war einer der Ober-Drahtzieher bei der Zerstörung des Versuches, in Deutschland die Demokratie einzuführen.
Arno Klönne
Paderborn

Junge Revoluzzer

KONKRET 2/04: "Sexuelle Revolution?" von Günter Amendt

So begeistert ich von Amendts neuem Drogenbuch bin, so enttäuscht von diesem Beitrag. Die Beatles haben nie ein Album mit dem Namen "Revolution" herausgebracht. So ein Patzer wäre ihm bei Dylan nie passiert.
Widersprechen möchte ich der Aussage, daß die Jugendrevolte der Sechziger "im Kern eine studentische Rebellion" war. Ich war als Lehrling ohne Abitur 1967 die offizielle deutsche Delegation beim Ostermarsch in swinging London. Alles, was Amendt über den Stellenwert der Musik schreibt, kann ich bestätigen - nur, viele Studenten hatten für diese Musik und hippe Kultur nun wirklich keine Rezeptoren. Der kulturelle Ausbruch fand weniger durch studentische Kreise statt, die haben die Konserven mit bahnbrechender Musik doch erst später bei Zweitausendeins gekauft.
1968/69 in Heidelberg wollte ich gerne zu den "linken Demonstranten" dazugehören, aber der damalige Chef des KBW, Joscha Schmierer, pißte mich ab, weil dieser linke Spießer mir den Tip gab: "Schneid dir erst mal die Haare, dann kannste auch bei uns mitmachen." Dieser Ex-Student ist Mitarbeiter im Auswärtigen Amt. Lassen wir also den Studenten ihr '68 - aber 1967 und 1969 und überhaupt waren am kulturellen Aufbruch weniger Studenten involviert als Schüler und Lehrlinge und andere Hippies.
Werner Pieper
Löhrbach im Odenwald

Arme Männer

KONKRET 2/04: "Men's Health" von Magnus Klaue

Mit einigem Erstaunen lese ich, daß mein Buch Der gebrauchte Mann zu den "Gründungsdokumenten des Vereins" "Väteraufbruch" zähle und der Verein mich "beherberge". Beides ist nachweislich falsch, schlechte Recherche und unsauberer Journalismus! Weder war ich zum Zeitpunkt der Recherche oder des Erscheinens meines Buches Mitglied im Verein, noch bin ich es jetzt. Und schon gar nicht stehen mein Buch oder ich in irgendeiner Beziehung zur Gründung dieses Vereins. Wenngleich ich das Leiden vieler in diversen Gruppen der sogenannten Väterrechtsbewegung organisierten Väter und ihrer bei der Mutter lebenden Kinder erkenne und seit Jahren privat zu helfen versuche, habe ich mich von der Vereinsführung des "Väteraufbruch für Kinder" distanziert. Mein Buch schildert aus der Sicht von Kindern, ausgegrenzten Vätern und ausgrenzenden Müttern ein Phänomen, welches seitdem bis in jüngster Vergangenheit namhafte Wissenschaftler/innen vertieft und erhärtet haben: nämlich, daß auch Väter leiden, wenn sie ihre Kinder verlieren, daß Kinder unter dem ihnen aufgezwungenen Verlust ihrer Väter leiden und daß Mütter nicht nur immer Engel oder Opfer von Männern sind, sondern auch Täterinnen sein können.
Ich bin sehr glücklich, im In- und Ausland als eine der emanzipierten, keiner Väterorganisation zugehörigen Frauen zu gelten, welche im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention dazu beitragen, das unverbrüchliche Recht aller Kinder auf ein Zusammensein mit ihren beiden Elternteilen zu erzielen und schützen.
Da Sie mich mehrfach in Zusammenhang mit Antisemitismus und Holocaust stellen: Hätten damals unter Hitler viele Menschen die Zivilcourage besessen, die ich mit meinem Buch Der gebrauchte Mann an den Tag gelegt habe, um gegen schweres Unrecht an einer Bevölkerungsgruppe zu protestieren, wäre unendlich viel und unsäglich grausames Leid verhindert worden.
Karin Jäckel
per E-Mail

Die Frage einer Lobby für die gebrauchten Männer und Frauen war Thema des Artikels. Dabei bezieht sich der Begriff "gebrauchter Mann" auf einem Buchtitel von Karin Jäckel, welche sich über viele Jahre für das Recht des Kindes auf beide Elternteile einsetzt. Das hat Frau Dr. Jäckel mit dem "Väteraufbruch für Kinder e.V." gemeinsam, die Überzeugung, daß nach einer Trennung zum Kindeswohl in der Regel beide Elternteile gehören. Dies allerdings mit der Vorstellung einer bürgerlichen Kleinfamilie abzutun ist wohl wenig vom Kind her gedacht.
Natürlich geht es den Mitgliedern des "Väteraufbruch für Kinder e.V." auch um die Differenzierung der Lebenswirklichkeit beider Geschlechter. Frauen haben sich in unzähligen Verbänden organisiert, welche durch öffentliche Gelder gefördert werden. Für Männerfragen gibt es keine politisch instrumentalisierten Ansprechpartner, weil Frauen in den Ämtern über die Chancengleichheit der Geschlechter wachen. Für eine systemische Gleichstellungspolitik organisieren sich Tausende Männer und Frauen im "Väteraufbruch für Kinder e.V.". Ihnen pauschal die Redlichkeit absprechen zu wollen, muß als pauschale Verunglimpfung zurückgewiesen werden.
Dietmar Nikolai Webel
Bundesvorstand "Väteraufbruch für Kinder e.V."

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36