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36 Jahre Konkret CD

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Heft 05 2007

an konkret

Nachsehen

KONKRET 4/07: Gremlizas Gespräche (V)

Wunderbar das Interview Gremliza - Kaminer! Kaminer, in seiner nachsichtigen Einschätzung der Deutschen, hatte übrigens einen gewichtigen Vorläufer. Stendhal in seinen Wanderungen in Rom: "Von meinen Reisegefährten ist der eine ein sehr kluger, gutmütiger nachsichtiger Mann von sanfter Heiterkeit. Der Charakter des Deutschen. Er besitzt außerdem eine robuste und tiefdringende Vernunft, die sich durch nichts blenden läßt. Nur vergißt er zuweilen einen Monat lang von ihr Gebrauch zu machen." Oder halt auch mal zwölf Jahre lang. Oder länger ...
Wohl Euch!
Hermann Peter Piwitt
Hamburg

Aufklären

KONKRET 4/07: "No Pasaran" von Ralf Schröder

Bemerkenswert guter Text. Noch bemerkenswerter ist die Tatsache, daß dieser Autor in dieser Zeitschrift veröffentlicht. Selbstverständlich ist das ja nicht, wenn man bedenkt, wie Schröder sich noch 2004 über den Herausgeber geäußert hat: "In den Monatsheften des Herman L. Gremliza, die spätestens seit dem 11. September als Blätter des geläuterten, antiamerikanischen Deutschtums gelten müssen, und die - wie im Falle des Jürgen Elsässer - nur dann ästhetische Grenzen ziehen, wenn der alte neue Antiimp zu pöbelhaft daherkommt, wurden die Ereignisse von Hamburg von Herman the German auf die Formel zusammengedampft: antideutsche Kommunisten sind deutsche Antikommunisten. End of Story. Ich hielte es für falsch, Gremliza damit zu entschuldigen, daß kritische Köpfe eine Halbwertszeit besäßen und Gremliza in persona schon recht fortgeschrittenen Semesters sei. Es gehört zur Würde eines vernunftbegabten Wesens, daß ich ihn auch dann ernst und beim Wort nehme, wenn ich ihn kaum noch ernstnehmen kann." Der werte Herr Schröder ist vermutlich ein Verfechter des "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!"
H. Gremlmeier
per E-Mail

Der werte Herr Schröder ist zwei Schröder: KONKRET-Autor Ralf Schröder hat mit dem Autor des hier zitierten Textes außer dem Namen nichts gemein.
KONKRET
Redaktion

Ralf Schröder behauptet: "Bruckner ... will diese große Aufgabe mit Unterstützung solcher Denker wie Heidegger und Gadamer angehen, während Horkheimer und Adorno ... für ihn eindeutig auf der falschen Seite stehen." Pascal Bruckner hatte geschrieben: "Im Fahrwasser von Heidegger hat eine ganze Denkschule von Gadamer bis Derrida den Anspruch der Aufklärung angefochten, ein neues Zeitalter einer sich selbst bewußten Geschichte zu verkörpern. Im Gegenteil: Dieser philosophischen und literarischen Episode sollen alle Leiden unserer Zeit entsprungen sein: Kapitalismus, Kolonialismus, Totalitarismus. Die Kritik der Vorurteile soll nur ein weiteres Vorurteil sein, womit bewiesen wäre, daß die Menschheit unfähig ist zur Selbsterkenntnis. Dem Wahn einiger Literaten, die mit Gott und der Offenbarung tabula rasa machen wollten, sei es zu verdanken, daß Europa später in die Finsternis hinabgetaucht sei. Durch eine scheußliche Dialektik habe die Erweckung der Vernunft Ungeheuer hervorgebracht (Horkheimer, Adorno)." Der letzte Satz ist natürlich Quark, aber er referiert, wie viele Linke (z.B. Schröder selbst) die Kritische Theorie - die in Frankreich kaum bekannt ist - falsch rezipieren. Aber was Schröder Bruckner unterstellt, hat der weder geschrieben noch gemeint. Der "Kritiker in der Rolle des Beobachters" - eine Hauptrolle aus dem linken Mainstream-Klassiker "Mitmachen ohne aufzufallen" - gibt sich zum wiederholten Mal die Ehre und versteht wie immer: nichts. Mit Islamisten möchte er keinen Dialog, auch nicht mit denen, die "auf den Bahamas strandeten". In der Äquidistanz soll sich sowohl Souveränität als auch Objektivität vermitteln, es geht hier schließlich um eine skandalöse These: Neben Nationalsozialismus und Kommunismus bzw. Stalinismus ordneten die antitotalitaristischen Intellektuellen des westlichen Auslands nun auch den Islam bzw. den Islamismus zu den totalitären Gefahren. Schröder unterschlägt, was diese Debatte ausgelöst hat und wer die Kontrahenten von Pascal Bruckner u. a. sind. Ist das nach dem investigativen nun der positivistische Journalismus? Oder erwähnt Schröder etwa Timothy Garton Ash, einen eifrigen Befürworter der Wiedervereinigung und der Zerschlagung Jugoslawiens, der, ganz unabhängig davon, wie man zu seinen Kontrahenten stehen mag, eine sehr kritikwürdige Gleichsetzung von Islamismus und "Aufklärungsfundamentalismus" betreibt, deshalb nicht, weil er sonst verraten müßte, wo er abgeschrieben hat? Zum Streit dieser Intellektuellen wäre eine Menge zu sagen: Schröder tut es nicht. Zur Frage, ob der islamische Kolonialismus ein Hirngespinst ist, sei Schröder ein Gespräch mit Flüchtlingen aus Darfur empfohlen.
Tjark Kunstreich
Berlin

Sitzenbleiben

KONKRET 4/07: "Nachsitzen!" von Hermann L. Gremliza

Am 13. Januar 1978 hatte Daniel Cohn-Bendit Probleme in der Talkshow "Club 2" des ORF. Es ging um linke Politik, Terrorismus und die RAF. Seine Diskussionspartner waren Matthias Walden aus dem Hause Springer, Rudi Dutschke und Günther Nenning. Cohn-Bendit wollte die Ermordung Schleyers nicht rechtfertigen und nicht verurteilen. Immer wieder gezwungen, Stellung zu beziehen, enthüllte er Sensationelles: "Heydrich pflegte sehr oft, jeden Tag, mit einem anderen Herren im Auto zu fahren. Dieser andere Herr fuhr an jenem Tag (des Attentats auf Heydrich, E. S.) nicht mit ihm, deswegen ist der andere Herr nicht ermordet worden. Dieser andere Herr hieß Schleyer. Ich will jetzt folgendes sagen, so sehr ich gegen den Mord an Hanns-Martin Schleyer bin, so ekelhaft finde ich, daß seine ganze Vergangenheit einfach nicht dargestellt wird."
Die ganze Geschichte ist frei erfunden und wurde seitdem immer wieder kolportiert. Bernd Engelmann hat sie in seinem Schwarzbuch Helmut Kohl, das von Klaus Staeck 2000 neu aufgelegt wurde, wieder aufgewärmt. Hermann Gremliza hat die falsche Behauptung in seiner Kolumne zum Argument befördert.
Schleyer hatte persönlich nichts mit Heydrich zu tun. Mit dessen Politik allerdings sehr wohl. Er war einer der deutschen Exekutoren und Profiteure, die in Prag 40.000 Menschen entrechteten, ausplünderten und schließlich töten ließen. Seine Karriere in Prag hatte er als Geschäftsführer des Studentenwerks der deutschen Universität Prag im Rang eines Untersturmführers der SS begonnen. Er wechselte 1943 als Referent zum Zentralverband der deutschen Industrie in Böhmen und Mähren und arbeitete eng mit dessen Präsidenten Bernhard Adolf bei der Enteignung und Germanisierung von jüdischen und tschechischen Betrieben zusammen. Man kann Beihilfe zum Raubmord nennen, was Schleyer zu verantworten hatte.
Im November 1944 bezog das Ehepaar Schleyer eine Villa im Prager Diplomatenviertel Bubenetsch. Das jüdische Ehepaar Waigner, dem die Villa gehört hatte, war zu dieser Zeit bereits tot. Emil Waigner wurde in Mauthausen ermordet, seine Frau Marie Waignerova in Auschwitz. Schleyer wurde Ende 1944 dem Reichssicherheitshauptamt zugeteilt. 1945 entkam er mit seiner Familie. Er hätte wohl eine lange Haftstrafe zu erwarten gehabt. Dies alles und einiges mehr kann man in der großartigen Biographie Schleyers von Lutz Hachmeister nachlesen (bei DTV).
Mit Christian Klar und seinen Kumpanen hat diese Geschichte nichts zu tun. Die RAF und die Bewegung 2. Juni waren Bestandteil eines skrupellosen Krieges gegen Israel - jenen Staat, der 20.000 überlebende tschechische Juden aufgenommen hat. Klar hatte sich entschieden, als Teil der weltweiten Front gegen Imperialismus und Zionismus zu kämpfen. Untrennbarer Bestandteil dieses Kampfes waren Massaker an jüdischen Männern, Frauen und Kindern. Das revolutionäre Hinterland der RAF waren die Asylstaaten ungezählter Nazi-Massenmörder, so wie die einzige Konstante ihrer Politik das Bündnis mit den gewalttätigsten antisemitischen Organisationen und Staaten des Nahen Ostens war. Das Ziel dieser Art von Antizionismus und Antiimperialismus war und bleibt bis heute, möglichst viele Juden umzubringen und Israel auszulöschen. Ein politischer Lernprozeß in dieser grundlegenden politischen und moralischen Frage ist bei Klar nicht erkennbar.
Die weltweite Front gegen Imperialismus und Zionismus würde sich über die Freilassung von Christian Klar aus dem Gefängnis freuen. Ich könnte drauf verzichten.
Erich Später
Saarbrücken

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36