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36 Jahre Konkret CD

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Heft 03 2002

an konkret

Die Wiedervereinigung

KONKRET 2/02: "Smoke gets in your eyes" von Knut Mellenthin

Blut ist dicker als Wasser, alte Seilschaften stärker als Einstehen für Wahrheit und antiamerikansiche Ressentiments haltbarer als Erkenntnis. Als wäre der Streit um die deutsche Vereinigung und ihre Konsequenzen nichts anderes gewesen als eine harm- und folgenlose Klassenkeilerei, findet man in KONKRET zwei ehemalige Kontrahenten einträchtig zwischen zwei Umschlagseiten vereint. Zur Erinnerung: Jürgen Elsässer und Knut Mellenthin waren als Kader jenes nichtswürdigen Vereins namens Kommunistischer Bund damit beschäftigt, nach besten Kräften dem Volke zu dienen, bis sich im Gefolge der deutschen Intifada von 1989 ihre Wege zu trennen schienen: Elsässer wurde ein Exponent der antideutschen Minderheit des KB, während Mellenthin, der schon 1982 für die "AK"-Titelzeile "Endlösung der Palästinenserfrage" verantwortlich war, sein nationalrevolutionäres Coming out hatte. Elsässers anti-aufklärerische Methode, die "wahren" Interessen und Machenschaften zu erforschen, die sich angeblich hinter dem lügenhaften Gespinst der Erscheinungswelt verbergen, ließen ihn dem manischen Enthüllungsdrang eines Mellenthin zuneigen, der jetzt all sein investigatives Talent aufbietet, um den Faschisten Bin Laden gegen Anwürfe der USA in Schutz zu nehmen. Daß ein Nationalrevolutionär und einer, dessen antideutsche Bekenntisse wohl nie mehr waren als ordinärer Antiimperialismus, nur diesmal gegen Deutschland, sich nun im Geiste eines verhärteten und ressentimentgetränkten Positivismus die Hand reichen, mag symbolisch dafür stehen, daß 12 Jahre nach der Wiedervereinigung der Deutschen die Wiedervereinigung der deutschen Linken im Gange ist.
Clemens Nachtmann
Berlin

Die Verschwörung

KONKRET 12/01: "Wer waren die Insider?" Gespräch mit Andreas von Bülow

In der Kritik an von Bülow wird zu Recht darauf hingewiesen, in welch hohem Maße seine Ausführungen kompatibel für ausgesprochen rechte und auch nazistische Positionen sind. Er selbst ist aber ebenso kompatibel. In der Ausgabe 6/02 gibt von Bülow der rechtsextremen Wochenzeitung "Junge Freiheit" ein Interview. Von Bülow bedient nicht nur den rechten Antiamerikanismus, er gibt sich u.a. auch dafür her, die Hakenkreuzschmierereien auf jüdischen Friedhöfen in Köln 1959 der Stasi anzulasten.
Seine Weltverschwörungstheorien haben Barrieren des Denkens weggespült. Für die nächste "JF" ist angekündigt: "Andreas von Bülow über das weltweite Hegemoniestreben der USA sowie die notwendige Abkehr und Selbstbehauptung Deutschlands". Damit wäre er endgültig angekommen.
i. A. Kurt Heiler
VVN-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Kreisverband Aachen

Die Nahrung

KONKRET 1/02: "Unter Bauern" von Justus Wertmüller

Zunächst einmal gefallen mir die Ausführungen des Autors zur die Lebensfreude entdeckenden iranischen Jugend gut. Bereits als ich mich 1992 länger im Iran aufhielt, war dieses Phänomen zu beobachten. Wertmüller hätte freilich hinzu setzen müssen, daß die soziale Lage stark mit den Möglichkeiten, diese Lebenslust auszuleben, verbunden ist. Während die illegalen Partys im wohlhabenderen Norden von Teheran allgegenwärtig sind, sieht dies in den ärmlichen Südbezirken völlig anders aus. Und hieran ist es nicht einmal zuerst der Staatsterror schuld, sondern extrem beengte Wohnverhältnisse.
Unsinn sind Wertmüllers Ausführungen zum französischen linksalternativen Bauernaktivisten José Bové und der von ihm repräsentierten Bewegung. Wertmüller spricht davon, wie "der Bauernmob sich an einem Mc Donalds sein Mütchen kühlt". Er spielt damit auf die berühmt gewordene Demontage einer noch im Bau befindlichen McDonalds-Filiale im südfranzösischen Millau am 12. August 1999 an. Diese schildert er als eine Art Pogrom. Das jedoch ist Unfug: Es handelte sich um eine eher spielerische, vorab angekündigte und vor allem rational determinierte politische Aktion. Der Protest war auch weder gegen "Amerika" als solches noch gegen den internationalen Handel gerichtet. Er firmierte als Protest gegen die damalige Entscheidung der Welthandelsorganisation (WTO), den USA Handelssanktionen gegen Frankreich zu erlauben, weil dieses die Einfuhr von Hormonfleisch aus den USA abgelehnt hatte. Daraufhin war die Einfuhr von französischem Käse in die USA zusammengebrochen, was der unmittelbare Anlaß für die Proteste war. Zugleich war die symbolische Aktion eine PR-wirksame Vorbereitung auf die Proteste gegen die WTO-Tagung in Seattle. Aus Anlaß der Prozesse gegen Bové strömten 2000 und 2001 mehrere Zehntausend Menschen nach Millau und Montpellier. Dort ließ Bové eine Reihe von Zeugen etwa aus Afrika schildern, welche Folgen die Politik internationaler Konzerne dort zeitigt.
Doch Wertmüller kann sich anscheinend soziale Bewegungen kaum mehr anders denn als Pogrom vorstellen. In diese Richtung geht es auch, wenn Wertmüller Bové mit den Worten zitiert, er habe sich in Genua gefühlt wie in Ramallah, und ihm unterstellt, er fühle sich weltweit von Zionisten verfolgt. Dabei unterschlägt er ein Detail: Kurz zuvor, Ende Juni 2001, hatte Bové an einer Beobachtermission französischer Linker in den palästinensischen Gebieten teilgenommen. Einige von deren Teilnehmern waren an einer israelischen Militärsperre physisch malträtiert worden. Tatsache ist, daß Bové in Genua lediglich auf dieses frische Erlebnis anspielte und mitnichten von einer jüdischen Weltverschwörung faselte.
Bernhard Schmid
Paris

Die Verordnung

KONKRET 2/02: "Geschlecht? Keins" von Connie Uschtrin

Es ist lobenswert, daß über den Film "Das verordnete Geschlecht" und die darin verhandelte Thematik geschrieben wurde. Der Beitrag scheint seiner Zeit voraus zu sein.
Anzumerken ist jedoch, daß die Perspektive der Dekonstruktion nur jenen dient, für die die Frage "Was ist's denn?" positiv beantwortet wurde. Sie dient nicht jenen, die realiter trotz der Eingriffe mit "Geschlecht" im heutigen dimorphisierten Sinne nichts anfangen können. Daher ist es korrekt, wenn der Film auf ein drittes Geschlecht abhebt. Diese Option läßt gänzlich andere Diskussionen zu.
Die Dekonstruktion ist sexualwissenschaftlicher Schnee von 1950. Die Diskussionen um Butler sind medizinkompatibel. Daß Geschlecht tatsächlich zu verlassen, wie es die Dekonstruktion vorschlägt, würde in eine Ich-Auflösung führen, und die ist potentiell tödlich.
Schließlich fehlte mir der Verweis darauf, daß die Idee, kein Geschlecht zu haben, kompatibel mit neoliberalen Ansätzen ist. Feministischen Theoretikerinnen und Dekonstruktivisten sind dagegen ungünstige Kooperationspartner, wenn es darum geht, reale Umstrukturierungen zu erreichen. Diese aber brauchen "Intersexuelle", weil viele an den Eingriffen sterben.
Michel Reiter
Arbeitsgemeinschaft gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie

Die Krönung

KONKRET 12/01: Kunst & Gewerbe

Von der gewollten Harmlosigkeit der anderen Beiträger zum ganz und gar verfehlten Thema "Terror in Deutschland" hebt sich der Beitrag von René Martens deutlich ab. Ein Mitglied der im Mai 1991 aufgelösten Marxistischen Gruppe habe ihn seinerzeit bedroht. Anlaß: Eine "ungebührliche publizistische Tätigkeit". Martens verschweigt, womit er seine damalige Tätigkeit als Redaktionsleiter des Stadtmagazins "Szene Hamburg" gekrönt hatte. Dort erschien im November 1990 ein widerlicher Artikel von dem Hamburger Journalisten Reinhard Schwarz gegen die MG, der diese unter Berufung auf den Verfassungsschutzbericht als "streng hierarchisch aufgebaute Geheimorganisation" kriminalisierte und zu ihrer öffentlichen Ausgrenzung aufrief. Obwohl es nur zu verständlich gewesen wäre, sollten die MGler Martens Prügel angeboten haben, waren sie eigentlich gekommen, um eine Gegendarstellung zu erwirken oder eine Anzeigenseite zu bekommen. Beides wurde ihnen verweigert. Daß Martens sowas in KONKRET rechtfertigen darf, geht definitiv zu weit.
Günther Jacob
Hamburg

KONKRET Text 56


KONKRET Text 55


Literatur Konkret Nr. 36